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21.12.2018

Zu Weihnachten hat nicht jedes Kind große Geschenke

Das Weihnachtsfest steht kurz vor der Tür. Noch bis zum 24. Dezember versuchen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkels noch alle Wünsche der Kinder zu erfüllen. Reich und voll soll der Gabentisch für den Nachwuchs sein. Die Wunschzettel sind oft lang und mit den neusten Spielzeugen aus der Werbung gespickt. Doch nicht in allen Familien können diese Wünsche erfüllt werden. Und da bleibt die Frage, was zählt für sie zu Weihnachten. Ein Moment der Ruhe in der Familie? Ein Abend Innehalten? Das Glück, ohne Geschenke doch einander zu haben? Das klingt arg romantisch. Denn am Ende bleiben doch viele Wünsche unerfüllt, weil es eben nicht geht. So auch in vielen Bedarfsgemeinschaften des Ilm-Kreises. Die Zahl sinkt aber kontinuierlich.

Wenn Frank Schöbel von „Weihnachten in Familie“ singt, lohnt sich ein Blick in den Sozialatlas des Ilm-Kreises. Im Ilm-Kreis sind 55.000 Haushalte erfasst. 74,5 Prozent (41.000) waren ohne ledige Kinder. In 9000 Haushalten (16,4 Prozent) war ein Kind wohnhaft. Absolut am geringsten war die Haushaltsform mit zwei und mehr ledigen Kindern. Hiervon gab es im Ilm-Kreis 5000 (9,1 Prozent). In den Haushalten des Ilm-Kreises waren circa 16.000 Kinder unter 18 Jahre alt. Weitere 6000 „Kinder“ ab 18 Jahre lebten auch nach Erreichen der Volljährigkeit in einem Haushalt mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammen. 14,7 Prozent der Bevölkerung im Ilm-Kreis sind unter 18 Jahre alt. Die 15.947 Kinder und Jugendlichen leben in ganz unterschiedlichen Verhältnissen, so auch in Bedarfsgemeinschaften. Laut Jobcenter meint eine Bedarfsgemeinschaft in der Regel die engsten Familienmitglieder in einem Haushalt. Für sie wird das Arbeitslosengeld II gemeinsam berechnet.

Seit der Einführung des Arbeitslosengeldes II im Jahr 2005 war der Anteil der Bedarfsgemeinschaften an der Gesamtzahl der Privathaushalte sowohl in Thüringen als auch im Ilm-Kreis sinkend. Thüringen verzeichnete bis 2016 einen Rückgang um 4,9 Prozentpunkte. Während der Anteil der Bedarfsgemeinschaften 2005 im Ilm-Kreis noch über dem Thüringens lag, hat dieser sich bis zum Jahr 2010 angenähert und lag im Jahr 2014 sogar darunter. In den Jahren 2015 und 2016 fiel der Anteilswert des Ilm-Kreises wieder etwas höher aus als der Wert Thüringens. 2016 betrug der Anteil der Bedarfsgemeinschaften im Ilm-Kreis 8,8 Prozent, was einem Rückgang seit 2005 um 6 Prozentpunkte entspricht.

2017 lebten 2.376 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in den 4496 Bedarfsgemeinschaften im Ilm-Kreis. Damit lebten 14,8 Prozent aller Kinder und Jugendlichen des Kreises in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II (Hartz IV) und waren somit auf Sozialleistungen angewiesen.

Nach einem Anstieg der Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 18 Jahren im Ilm-Kreis von 2005 zu 2006, war diese Zahl seitdem rückläufig und betrug im vergangenen Jahr 1.344. Dies entspricht einem Rückgang von 45,1 Prozent  gegenüber dem Jahr 2005. Je mehr Kinder unter 18 Jahren einer Bedarfsgemeinschaft angehören, desto schwächer fiel die Entwicklung bis 2017 aus.

Bedarfsgemeinschaften mit einem Kind nahmen von 2005 zu 2017 um circa 55 Prozent ab. Der Rückgang von Bedarfsgemeinschaften mit zwei Kindern betrug 40,2 Prozent. Bei Bedarfsgemeinschaften mit drei und mehr Kindern war der Rückgang mit 1,1 Prozent am geringsten. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit drei und mehr Kindern unter 18 Jahre nahm seit 2007 sogar wieder zu. Je mehr Kinder einer Bedarfsgemeinschaft angehören, desto geringer ist der Rückgang. Bedarfsgemeinschaften mit drei und mehr Kindern verharren auf einem niedrigen Niveau.

Was es für einige dieser Familien bedeutet, Weihnachten zu feiern und den Kindern keine Geschenke kaufen zu können, erfahren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tafeln in Arnstadt und Ilmenau etwa besonders in der Vorweihnachtszeit. Auch dort treffen häufig Kinder aus Bedarfsgemeinschaften ein, freuen sich über manch kleine Aufmerksamkeit.

Kinderarmut ist vor allem in Bedarfsgemeinschaften ein Thema. So wird etwa das Kindergeld mit Hartz IV-Sätzen verrechnet. Es fehlt an Geld für Schulessen, Nachhilfen, Hausaufgaben-Betreuungen, Ferienfreizeiten und mehr. Für Kinder bleibt oft nicht viel übrig. Kinderarmut bedeutet in Deutschland nicht, dass die offiziell drei Millionen bedürftigen Kinder in Deutschland (Dunkelziffer liegt eher bei 4,4 Millionen Kindern laut Kinderschutzbund) auf der Straße leben müssen. Die Armut zeigt sich eher, wenn Kinder an Klassenfahrten nicht teilnehmen können, keine warme Mahlzeit am Tag kriegen können, auf Tafeln und Sachspenden angewiesen sind oder eben zu Weihnachten keine Geschenke kriegen, weil Schulbücher, Stifte und Hefte eben wichtiger sind als eine Puppe und ein Spielzeug-Auto. Kinderarmut führt häufig auch zu Bildungsarmut, psychische und soziale Störungen oder Entwicklungsstörungen.

Der Ilm-Kreis hat dieses Problem erkannt. So läuft zum Ende des Jahres etwa das Projekt „Mehrwert schaffen – mehr wert sein“ aus, mit dem Langzeitarbeitslose wieder für den Arbeitsmarkt fit gemacht wurden. 20 geförderte Beschäftigungsverhältnisse entstanden. Mit dem neuen Jahr baut eine neue Förderung nach dem §16i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) auf das Erreichte auf. Sind die Angehörigen der bedürftigen Kinder in festen Arbeitsverhältnissen, können sie auch ihren Kindern Perspektiven aufzeigen.

Des Weiteren unterstützt der Ilm-Kreis die Umsetzung von Ganztagsschulen. Sie bieten benachteiligten Kindern eine umfassende Betreuung und fördert damit verschiedenste Kompetenzen unabhängig vom Elternhaus. Sie schafft auch neue Arbeitsmöglichkeiten für die Elternteile. An den Bedarfen der Kinder sind auch die Schulsozialarbeit und die Bildungsübergänge ausgerichtet. Kinder in Familien mit Grundsicherungsbezug sollen zukünftig besser Leistungen zur Bildung und Teilhabe in Anspruch nehmen können. Dazu gehört die Unterstützung bei der Mittagsverpflegung, Nachhilfeunterricht oder die Integration in Vereine. Die Armutspräventionsstrategie hat auch dafür Ziele und Zuständigkeiten definiert.

Und auch diese Weihnachten sollen bedürftige Kinder berücksichtigt werden. In Zusammenarbeit mit den Tafeln, gemeinnützigen Organisationen und der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau gibt es etwa seit zwei Jahren die Wunschbaumaktion. Bedürftigen Kindern ermöglicht sie in Stadtilm und Großbreitenbach auch in diesem Jahr wieder, Geschenke unter dem Weihnachtsbaum auspacken zu können. In der Sparkassen-Geschäftsstelle in Großbreitenbach konnte für jeden der 24 Wünsche ein Erfüller gefunden werden. „Die Aktion ist gut. Besser wäre, wenn sie nicht nötig wäre. Dafür muss politisch noch einiges getan werden“, sagte Landrätin Petra Enders bei der Vorstellung der Wunschbaum-Aktion. Sie schaute sich die Zettel der Mädchen und Jungen sehr genau an. Gerührt war sie über manch einen Wunsch, den andere Kinder als alltäglich empfinden. Winterstiefel, Anziehsachen, eine Jacke oder dergleichen fanden sich auf den Wunschzetteln. Es zeigte, es fehlt oft am Nötigsten. „Das Schönste ist, wenn alle Kinderaugen leuchten, vor allem zu Weihnachten. Ich wünsche mir das für jedes Kind auf dieser Welt“, so Petra Enders. 

V. i. S. d. P. Doreen Huth, Büro Landrätin

Haushalte/Familien mit und ohne ledige Kinder im Ilm-Kreis

Bedarfsgemeinschalten mit Kindern im Ilm-Kreis