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27.01.2022

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Jüdisches Leben gibt es seit mehr als 1700 Jahren in Deutschland, es war und ist Teil unserer Gesellschaft und prägte die Geschichte mit. Diese gemeinsame Geschichte war jedoch immer auch eine Geschichte der antisemitischen Ausgrenzung und Verfolgung.

Der Zivilisationsbruch der Shoah, die unmenschliche Politik, markiert einen tiefen Einschnitt in der gemeinsamen Geschichte - beginnend mit systematischer Ausgrenzung bis hin zum staatlich organisierten Massenmord an jüdischen Menschen.

Wenn wir der Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, dann auch in dem Bewusstsein, dass die Shoah nur möglich wurde, weil politische Verantwortungsträger und große Teile der Gesellschaft antisemitische Hetze, Gewalt und Entmenschlichung von Jüdinnen und Juden befürwortet und forciert haben. Das Leben jüdischer Menschen in Deutschland steht seither in diesem Schatten, im Schatten von Auschwitz.

Noch immer sind antisemitische Stereotype und die Ablehnung jüdischer Menschen in vielen Köpfen verankert und solche antisemitischen Einstellungen werden zudem von Demagogen genutzt. Das hat sich zuletzt in neuen Verschwörungserzählungen im Kontext der Corona-Pandemie gezeigt.

Das gesellschaftliche Klima ändert sich, wird rauer. Alltägliche Diskriminierung, offener Hass und Gewalt gegen angeblich "Andere" begegnen uns im Alltag.
Ich fordere wirksamen staatlichen Schutz und solidarisches Einstehen der Gesellschaft gegen jede Form von Diskriminierung und Hass, insbesondere, wenn sie antisemitisch, antiziganistisch und rassistisch sind.

Wir leben hier an einem geschichtsträchtigen Ort. Es ist wichtig, dass es nicht nur die vielen Mahnmale zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und Faschismus gibt, sondern auch viele aktive Menschen, die die Erinnerung wachhalten. Die Unterstützung z.B. des Jonastalvereins, des Bündnisses gegen Rechts, der Achava Festspiele, der von uns initiierten interkulturellen Wochen oder der Ausstellungen wie „Stolen Memorys“ und im Milchhof Arnstadts über jüdisches Leben hier, bis hin zu Initiativen, die Ruinen einer Synagoge zum Gedenkort zu entwickeln, ist mir ein wichtiges Anliegen. Wer aufmerksam durch unsere Straßen geht, stolpert – über Stolpersteine, die an die Schicksale jüdischer Familien in Arnstadt und dem Ilm-Kreis erinnern. Das Erinnern muss wachgehalten werden in all seinen vielfältigen Formen, denn bald werden wir und die nachfolgenden Generationen nicht mehr die Möglichkeit haben, Augenzeugen zu begegnen.

Immer wieder an das Verbot der Diskriminierung als unverzichtbare Grundlage und Grundprinzip der Menschenrechte zu erinnern - auch an diesem Gedenktag - ist unsere Verpflichtung:

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ heißt es in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die die Staatengemeinschaft 1948 unter dem Eindruck der NS-Verbrechen schuf.

Antisemitismus, Antiziganismus und jegliche Form der rassistischen Diskriminierung untergraben das Fundament des friedlichen Zusammenlebens. Dem gemeinsam entschieden entgegenzutreten, ist eine bleibende Verpflichtung für Staat und Gesellschaft.

V. i. S. d. P. Melanie Tippel, Büro Landrätin