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12.05.2022

Großes Engagement im Denkmalschutz geehrt - 4 Preise wurden vergeben

„Sie sind eiserne Bastionen gegen das Vergessen, selbst dann, wenn sich das Leben schon lange weitergedreht hat. Sie überdauern die Zeit, erinnern an Vergangenes, zeugen von früherem Leben und alter Baukunst. Auch der Ilm-Kreis ist reich an Denkmälern. Unser Ziel ist es, sie dauerhaft zu erhalten und als Kulturgüter auch für die Nachwelt zu sichern“, sagte Landrätin Petra Enders zur Denkmalpreisverleihung am 12. Mai 2022 im denkmalgeschützten Gebäude der Regelschule „Am Schloss Neideck“.

Sie bedauerte jedoch,  dass die Verleihung in festlichem Rahmen aufgrund der Pandemie lange Zeit immer wieder aufgeschoben werden musste. Im Rahmen der Preisverleihung, die von Ida Koch (11) am Klavier und Hanna Krauße (18) mit Gesang und eigener Gitarrenbegleitung - beide Schülerinnen der Musikschule Arnstadt-Ilmenau - umrahmt wurde, bedankte sich Landrätin Petra Enders herzlich für das Engagement der im Denkmalschutz engagierten Bürgerinnen und Bürger des Ilm-Kreises. 2023 soll es eine große archäologische Ausstellung geben, mit Funden, die in Weimar im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie lagern und aus Grabungen der Region stammen.

Denkmalpreis 2020

Der Denkmalpreis des Ilm-Kreises 2020 und 1000 Euro Preisgeld der Sparkasse-Arnstadt Ilmenau ging an die Familie Klapproth für die beispielhafte und vorbildliche Sanierung und Pflege des wertvollen Gebäudekomplexes Mühlhof in Arnstadt. Der Mühlhof ist eine 4-seitige geschlossene Hofanlage in Arnstadt und als Kulturdenkmal Bestandteil des Denkmalbuches.
Er gehört zum Ensemble Altstadt Arnstadt und ist seit dem Jahre 1580 nachweisbar. Da er vor den Toren der Stadt lag, wurde er 1581 von dem verheerenden Stadtbrand verschont.
Das große, gutähnliche Wohnhaus liegt zurückgesetzt jenseits des Mühlgrabens. Man erreicht es über eine historische Steinbogenbrücke. In der wechselvollen Geschichte des ehemaligen Mühlhofes tauchen die Namen zahlreicher Eigentümer auf, auch der Kunst- und Lustgärtner Johann Christoph Hoffmann gehörte zu ihnen
Kurzzeitig wurde das Anwesen im Jahr 1779 durch das St. Georg Hospital übernommen, bereits 1780 aber wieder verkauft. Nach dem Ratskämmerer Friedrich Alexander Rudolph konnte der Lohgerber Christian Schmidt den Hof ab 1891 sein Eigen nennen und brachte die Gerberei im westlichen Seitenflügel unter. 1901 begann die Ära Graeser. Damals fungierte der Hof als Nebengebäude der Brauerei, ab 1911 wurde er wieder seiner ursprünglichen Nutzung als landwirtschaftlicher Betrieb mit Scheune und Stallungen zugeführt.
1991 übernahm Familie Klapproth das Anwesen. Die behutsame Sanierung der Altbauten von 1993 bis 1996 sowie die Schaffung neuer Wohnungen und Büros durch Ergänzungsbauten sind beispielhaft für die Vereinbarkeit von Erhalt und wirtschaftlicher Nutzung eines denkmalgeschützten Gebäudekomplexes.
Mit großem Enthusiasmus haben die Eigentümer das Anwesen, das sie von den Eltern übernommen haben, umfassend saniert und am Mühlgraben moderne Wohnungen in schöner Altstadtlage geschaffen. Dabei standen ihnen erfahrene Architekten aus der Region zur Seite.
Vor der Sanierung erfolgte eine Bestandsaufnahme zum Zustand der Gebäude, Restauratoren untersuchten Fassaden und Innenräume nach bauhistorischen und Farbbefunden.
Auf dieser Grundlage wurden die denkmalpflegerischen Schwerpunkte festgelegt, die bei der Sanierung besondere Berücksichtigung erfordern. Die wertvolle wandfeste Ausstattung mit Stuckdecken, Türen und Fußböden wurde erhalten bzw. wiederhergestellt. Die Fassaden wurden nach restauratorischem Befund rekonstruiert.
Das historische Hofpflaster wurde ebenfalls erhalten und ergänzt.
Ein Wohnhausneubau anstelle der früher vorhandenen Scheune im Hof ermöglichte es, die vierseitig geschlossene Hofanlage wieder als vollständiges Ensemble herzurichten. Der ansprechend gestaltete, historisch reizvolle Hof vereint heute Bauten aus vier Jahrhunderten und ist ein schönes Beispiel für historisch gewachsene Stadthöfe.
Familie Klapproth bewirtschaftet den Mühlhof seit 30 Jahren eigenständig. Beispielhaft sind die kontinuierliche Pflege und Instandhaltung der Gebäude.
In den vergangenen Jahren öffnete Familie Klapproth den Hof immer wieder zum Tag des offenen Denkmals für Besucher und führte Interessierte durch die historische Anlage.

Denkmalpreis 2021

Der Denkmalpreis des llm-Kreises 2021 ging an die Familie Kruckow für die vorbildliche denkmalpflegerische Sanierung des ehemaligen Pfarrhauses in Oberwillingen. Mit der Auszeichnung verbunden ist ein Preisgeld von 1000 € von der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau.

Die Pfarrei der Parochie Willingen war schon immer in Oberwillingen ansässig, bezeugt ab dem 12. Jh., zentral, mitten im Ort gelegen, neben Friedhof und Kirche und war reichlich mit Grund und Boden zur Eigenversorgung ausgestattet.
Das Pfarrgebäude in seiner heutigen Form stammt aus dem späten 17. Jh. - am 29.09.1687 brannten die Pfarre, Schule und drei weitere Häuser nebst Scheunen und Ställen in Oberwillingen ab. Die Pfarrei wurde daraufhin neu erbaut. Dieses Pfarrhaus, ein zwischenzeitlich verputztes, giebelständiges Fachwerkgebäude, steht heute noch. Das Gebäude wird als eines der schönsten geistlichen Häuser der Arnstädter Gegend bezeichnet. Auf dem Pfarreigelände soll sich einer Sage nach ursprünglich eine Klosteranlage befunden haben.
Am 16.3.1880 brach in der Pfarrwohnung ein Brand aus. Dennoch sind viele Befunde erhalten, zu den ältesten gehören die aufwendigen Stuckdecken, die nahezu in allen Innenräumen erhaltenen historischen Türen, Türblätter mit Türfutter, Fensterrahmen und die hölzerne Treppenanlage.
Auf den Zimmertüren des Erdgeschosses ließ sich als Erstfassung eine intensivfarbene, polychrome Gestaltung mit Marmorierung bzw. Marmorimitation nachweisen. An der zweiflügeligen Tür im Obergeschoss fanden sind zudem florale und ornamentale Gestaltungen.
Das seit längerer Zeit leerstehende Pfarrhaus wurde im Jahre 2009 von Familie Kruckow erworben mit dem Ziel, auf dem Land Wohnraum für die Familie zu schaffen und eine Glaswerkstatt einzurichten.
Das Gebäude war in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand, die Dacheindeckung war sehr schadhaft, Feuchteschäden und defekte Fachwerkkonstruktion auf der Westseite zur Nachbarbebauung waren bestandsbedrohend.
Familie Kruckow hat viel Zeit und Kraft in die Sanierung des Objektes investiert. Das Gebäudeinnere musste von jüngeren Einbauten befreit werden.
Die ehemalige Schwarzküche war statisch zu ertüchtigen. Die Anlagen für Heizung, Strom und Wasser mussten komplett erneuert werden.
Bereits im Vorfeld wurde durch die Restauratorin eine Befunduntersuchung und Bestandserfassung durchgeführt, um eine denkmalpflegerische Zielstellung für die Sanierung zu erarbeiten. Diese Zielstellung war Basis für alle baulichen Maßnahmen und stellte den behutsamen Umgang mit der historischen Substanz sicher.

Die Eigentümer hatten von Beginn an das Ziel, das Kulturdenkmal zu erhalten und nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu sanieren. Hierbei hat die gesamte Familie und Angehörige in vielen Monaten und Jahren mit enormer Eigenleistung das Haus bewohnbar gemacht, Baufehler und -mängel behoben und dabei natürliche verträgliche Baustoffe verarbeitet.

In den Zimmern mit Stuckelementen an der Decke wurde der alte Wandverlauf wiederhergestellt. Das Haus wird mit Öfen und ergänzend mit einer elektrisch betriebenen Infrarotheizung beheizt. Im gesamten Haus wurden die vorhandenen Holzfenster, soweit möglich, erhalten und überarbeitet.
Das Obergeschoss ist weitgehend unverändert geblieben, abgesehen von einem nachträglich eingebauten Bad, welches wieder abgebrochen wurde. Die zwischen Haus und Scheune nachträglich errichtete Garage wurde abgerissen. Die fehlende Außenwand der Scheune wurde in Fachwerkbauweise neu errichtet.
Hierbei ist das Engagement der Eigentümer als vorbildlich und beispielhaft zu würdigen. Denn sie haben sich der schwierigen Aufgabe gestellt, ein über 300 Jahre altes Kulturdenkmal in ein Wohnhaus mit angegliederter Werkstatt, das modernen Ansprüchen gerecht wird, zu verwandeln und den Charme der Anlage zu erhalten. mit Charme und modernen Ansprüchen erfüllendes Wohnhaus mit angegliederter Werkstatt zu verwandeln. Dabei haben sie die Belange des Denkmalschutzes in besonderem Maße berücksichtigt. Auch das desolate Scheunengebäude konnte gerettet werden, obwohl es durch den jahrelangen Leerstand und eine teilweise eingestürzte Rückwand extrem gefährdet war.

Bereits seit vielen Jahren öffnet Familie Kruckow die Türen für Besucher am Denkmaltag, in der Glaswerkstatt finden Kurse für Kinder und Erwachsene statt. Dadurch ist es gelungen, das Ensemble der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Besucher für den Denkmalschutz zu sensibilisieren.

Den engagierten Eigentümern ist zu verdanken, dass das Kulturdenkmal bestandsschonend saniert wurde. Was bei der Sanierung von allen Beteiligten geleistet wurde, ist beispielhaft.

Sonderpreis 2021

Für das besondere Engagement auf dem Gebiet der Denkmalpflege erhält der Förderverein St. Trinitatis Bechstedt-Wagd e.V. den Sonderpreis 2021 des Ilm-Kreises und 500 Euro von der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau.

Der setzt sich seit 2014 für den Erhalt und die Sanierung der Kirche St. Trinitatis ein. Aktuell zählt er 13 Mitglieder. Die Kirche ist das älteste Bauwerk des Ortes und bis vor ein paar Jahren sah man ihr das deutlich an. Das Bauwerk ist romanischen Ursprungs und wurde vermutlich zwischen 1000 und 1200 erbaut.
Gemeinsam mit den Vertretern des Gemeindekirchenrates konnten wurden in den letzten Jahren Mittel beschafft, um zahlreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten durchzuführen.
Seit Beginn der Bauarbeiten unterstützte der Verein die Bauarbeiten mit einer Summe von 25.500 Euro bzw. warb die entsprechenden finanziellen Mittel ein.
Viel hat der Verein in den letzten Jahren durch sein stetiges Engagement erreicht. 2016 konnte die Glocke an der der Turmhaube instandgesetzt werden. Seitdem verkündet sie als Schlagglocke wieder den Ablauf der Stunden. Möglich wurde dies mit finanzieller Unterstützung des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.
Einzelne Bauabschnitte setzte der Verein dank der Unterstützung der politischen Gemeinde um, so z. B. die Kirchturmsanierung im Jahr 2016 oder die Mauerwerkssanierung von Kirchturm und Kirchenschiff 2019.
Aufgrund des großen ehrenamtlichen Engagements der Mitglieder konnten die notwendigen Eigenmittel zur Sanierung des Kirchendachs beschafft werden, sodass das Dach 2016 erneuert wurde.
Im Herbst 2018 begannen, nach Abstimmungen mit dem Thüringer Landesamt für Denkmalpflege, die Arbeiten an der Musterachse von Empore und Altar.
2019 sanierte der Verein mit Hilfe von Städtebaumitteln auch die Hülle der Kirche.
Im Spätsommer war in einem Festgottesdienst die Weihe des erneuerten Turmzimmers möglich, hier waren umfangreiche Sanierungsmaßnahmen wegen Feuchteschäden notwendig geworden.
Weitere Mittel in Höhe von 6.000 Euro akquirierte der Verein für die Arbeiten im Inneren der Kirche, sodass die Restaurierung von Decke und Wänden sowie die Elektroarbeiten im Frühjahr abgeschlossen werden konnten.
Heute präsentiert sich die Kirche – auch durch das große Engagement der Mitglieder des Fördervereins als lebendiger Ort des Gemeindelebens. Hier finden regelmäßig Taufen, Hochzeiten, Konfirmationen statt, bei denen die Einwohner immer wieder für den Erhalt ihrer Dorfkirche spenden.
Jedes Jahr öffnet die Kirche St. Trinitatis ihre Pforten zum Tag des offenen Denkmals. Besucher können das historische Bauwerk besichtigen, den Turm besteigen und sich nicht nur am Ausblick, sondern auch am Fortschritt der Bauarbeiten erfreuen, den der Förderverein entscheidend vorangetrieben hat.


Ehrenpreis der Landrätin 2021

Mit dem Ehrenpreis der Landrätin wurden die ehrenamtlichen Helfer der Bodendenkmalpflege Jonny Henkel und Bernd Krannich ausgezeichnet, verbunden mit einer Geldzuwendung von 500 Euro - als Dank und öffentliche Anerkennung für den privaten Einsatz für die Erforschung eines außergewöhnlichen Bodendenkmals.

Auf der Internetseite des Archäoscout Philipp Schinkel aus Coburg erfährt man, dass sich unweit des Glaswerks in der südthüringischen Kleinstadt Großbreitenbach Thüringens größtes Freibad befindet. Schon seit den 1950er-Jahren dient die etwas hügelige, aber sehr gemütliche Liegewiese zur Erholung und blieb offenbar seit jeher von Eingriffen verschont.
Denn den beiden Heimatforschern Jonny Henkel und Bernd Krannich fiel im digitalen Geländemodell eine seltsame rundliche Struktur auf, die sich in den Hang einpasst. Die beiden fragten sich, ob es sich dabei um die Relikte einer mittelalterlichen Turmhügelburg, das urkundlich erwähnte Canterschloss, handeln könnte. Im Mai 2021 wurde auf Initiative der beiden Heimatforscher an dieser Stelle eine ausgedehnte Magnetometerprosektion durchgeführt, um die Liegewiese zerstörungsfrei zu erforschen – das Freibad war zu diesem Zeitpunkt noch pandemiebedingt geschlossen.
Tatsächlich ließen sich innerhalb der markanten Rundstruktur mehrere mögliche Gebäudegrundrisse sowie graben- und wallartige Strukturen messen, die im Zusammenhang mit der in Hanglage errichteten Turmburg stehen dürften. Hochmittelalterliche Scherbenfunde aus den dortigen Maulwurfshügeln stützten These und Ergebnis. Somit kann sich in Zukunft jeder Besucher des Freibades Großbreitenbach sicher sein, dass er sein Handtuch nicht nur in Thüringens größtem Freibad, sondern indirekt auch auf den Mauerresten einer mittelalterlichen Burganlage ausbreitet.
Den beiden Herren Jonny Henkel und Bernd Krannich ist es gelungen, den Standort einer mittelalterlichen Burganlage im Bereich des Schwimmbades Großbreitenbach nachzuweisen. Die gesammelten urkundlichen Hinweise bestätigten diese Tatsache. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang vor allem die Erkenntnisse, die bezüglich der äußeren Form und des inneren Aufbaus der Anlage gesammelt werden konnten. Diese deuten auf eine Bauweise hin, die im mittelalterlichen Europa zwar geläufig, allerdings insgesamt äußerst selten und in Thüringen bislang einzigartig ist. Betrachtet man den auf den ersten Blick rundlich wirkenden Grundriss des markanten Geländebefundes auf der Liegewiese des Freibades einmal genauer, stellt man fest, dass dieser eher kantig und somit polygonal zu sein scheint. Die beiden Heimatforscher Jonny Henkel und Bernd Krannich haben sich schon länger mit der Materie beschäftigt und unter dem Titel „Schwemmbach und Bocksbach – Zur Geschichte zweier Ortswüstungen im oberen Schwarzatal“ einen Forschungsbericht erstellt. Darin führten sie nicht nur urkundliche Erwähnungen, sondern auch Geländebefunde und archäologisches Fundmaterial zusammen.
Jonny Henkel lebt heute in Brandenburg, ist aber im Ilm-Kreis geboren und angehender ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie. Er bemüht sich seit März 2020 vermehrt um bislang unbekannte Bodendenkmäler vorgeschichtlicher und mittelalterlicher Zeitstellung.
Bernd Krannich betreibt schon seit Anfang der 1980er-Jahre intensive Heimatforschung, war Mitglied der Gesellschaft für Heimatgeschichte im Kulturbund der DDR und brachte sich seit den 1990er-Jahren intensiv beim Aufbau eines Heimatmuseums in Großbreitenbach ein.


V. i. S. d. P. Anke Roeder-Eckert, Büro Landrätin