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18.01.2019

Staatssekretärin Valentina Kerst sucht Vorbilder der Digitalisierung in Ilmenau

Die Digitalisierung ist in aller Munde. Doch bis der Wandel in Thüringen gelingt, braucht es nicht nur den Breitbandausbau. Was schon gut funktioniert und wo die Vorbilder auf diesem Weg sitzen, wollte Staatssekretärin Valentina Kerst aus dem Wirtschaftsministerium am Donnerstag erfahren bei ihren Betriebsbesuchen in Ilmenau. Mit dem Beigeordneten Kay Tischer, der SPD-Landtagsabgeordneten Eleonore Mühlbauer und dem Vorsitzenden der SPD-Stadtfraktion, Reinhard Schramm erkundigte sie sich bei der BINZ - Ambulance- und Umwelttechnik GmbH, der Ifesca GmbH und der Eastern Graphics GmbH, wie die Unternehmen die Herausforderungen der Zukunft angehen.

Gleich drei Firmen hat Staatssekretärin Valentina Kerst aus dem Wirtschaftsministerium am Donnerstag in Ilmenau besucht. Sie alle treibt der fehlende Breitbandausbau an. Die Verfehlungen dafür sieht die Staatssekretärin klar beim Bund. „Es läuft fatal in Deutschland“, gab sie zu. Auf Landesebene ist genau dieses Thema bei der Expertin angebunden. Sie kommt aus der Digitalbranche und engagiert sich schon seit dem Aufkommen des Internets für eine digitale Wirtschaft. 860 Kommunen und Städte gebe es in Thüringen und sie alle würden allein gelassen mit dieser Aufgabe. „Das ist doch hanebüchen“, sagte sie. Resignieren kommt für die Staatssekretärin aber nicht in Frage. Sie sucht in Thüringen die Vorbilder in Sachen Digitalisierung, will sie zusammenbringen und mit ihnen auch diese große Herausforderung bewältigen. In Ilmenau wurde sie fündig. „Was brauchen Sie“, fragte sie bei der BINZ – Ambulance- und Umwelttechnik GmbH, der Ifesca GmbH und der Eastern Graphics GmbH und gab konkrete Lösungen.

Bei BINZ seien die Telekom und der eigene Betrieb die größte Hürde gewesen, verriet der Generalbevollmächtigte Ernst Rittinghaus. In neue Soft- und Hardware musste investiert werden, um allen Ansprüchen für die Spezialanfertigungen, vor allem den eigenen, gerecht zu werden. Auf den Breitbandausbau ist auch dieses mittelständische Unternehmen angewiesen. Der 1. Beigeordnete im Landkreis, Kay Tischer, sieht diesen Schwerpunkt ebenso und verwies auf den Breitbandkoordinator, der im Februar seine Arbeit aufnimmt, um dieser Mammutaufgabe endlich Herr werden zu können. Man setze dabei auf die Glasfasertechnologie.

Die Ifesca GmbH, ebenfalls auf dem Ilmenauer Vogelherd angesiedelt, ist mit Gründung 2016 eigentlich noch ein Startup. Sie bietet Zentralversorgern eine Software an die Echtzeit-Vorhersagen auf dem Energiemarkt und damit kosten- und zeitintensive Ausgleichszahlungen der Vergangenheit angehören lässt. Valentina Kerst besuchte das Unternehmen schon zur offiziellen Eröffnung und war begeistert von der Innovationsstärke. Für sie ein klares Vorbild der Digitalisierung. Bis 2020 will Ifesca beweisen, die beste Vorhersagequalität auf dem Energiemarkt treffen zu können. 2022 will man Marktführer in Europa sein. Konkurrenz? Schwer zu sagen, so neu und innovativ sei ihr Ansatz. Ihn zu erleben, ist im Showroom der Firma möglich. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, derzeit 22, soll bis 2021 auf 60 steigen. Die Firma will auch 1,5 Millionen Euro in den Standort investieren, um ihre selbst gesteckten Ziele zu erreichen. „Wenn wir Ende diesen Jahres immer noch bei 22 Leuten sind, weiß ich nicht, ob wir noch in Ilmenau bleiben können“, deutete Gründer und Geschäftsführer Sebastian Ritter an. Man wolle nicht weggehen. Das Know-how soll auch in der Firma bleiben und nicht an andere Auftraggeber gegeben werden, wie in der Software-Branche üblich. Als ausgezeichnetes, familienfreundliches Unternehmen sei man in der Region verwurzelt, fördere Sport und Vereine, pflege die enge Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau. Fachkräfte sind indes Mangelware. „Deshalb bilden wir wieder aus“, sagt Sebastian Ritter. Drei junge Menschen lernen derzeit den Fachinformatiker im Haus. Eleonore Mühlbauer versprach, die Türe bei den Stadtwerken des Ilm-Kreises zu öffnen. Valentina Kerst sprach spontan die Einladung aus, sie bei einer Wirtschaftsreise nach Vietnam und Singapur zu begleiten, um neue Märkte, Kontakte und Netzwerke zu erschließen.

Bei Eastern Graphics, dicht am Campus Gelände der TU, ist es auch der fehlende Breitbandausbau, der dem Unternehmen die Arbeit erschwert. Immerhin bewegt das Software-Unternehmen riesige Mengen von Daten. 1995 hat sich die Firma aus der Universität heraus gegründet, ist mittlerweile in ganz Europa und in der Türkei auf dem Markt. Die USA und China werben um die Ilmenauer, doch die sträuben sich noch. Zu aufwendig sei es, dort mit physischer Präsenz Erfolg zu haben. „Im Kern machen wir alles“, sagte Geschäftsführer Frank Wicht. Sie entwickelten und gestalteten neue und moderne Arbeitswelten so, dass sie Spaß machen. Mit ihrem Planungssystem arbeiten viele Architekten und Händler im Ausstattungsbereich. Ob die Raumplanung via Augmented Reality oder der mobile Zugriff auf alle Kataloge der Anbieter, inklusive sofortige Gestaltungsmöglichkeiten am Handy, die Software von Eastern Graphics nutzt digitale Lösungen, um sich gekonnt von der Masse an Konkurrenten abzuheben. Es sei ein harter Markt. Wer mit Innovationen heutzutage scheitere, verliere schnell alles. Damit es der Ilmenauer Firma nicht auch so geht, bleibt sie beweglich im Kopf, hinterfragte regelmäßig ihren eigenen Erfolg, wägt Risiken und Chancen immer wieder ab. Die Software an Amazon verkaufen? „Nie“, wies Frank Wicht solche Fragen ab und erntete dafür viel Ungläubigkeit bei den Interessenten. Er sieht den Erfolg für das eigene Unternehmen in der Nische. „Was kann ich für Sie tun“, fragte Valentina Kerst auch hier. Frank Wicht sieht Deutschland und Europa auf dem Weg der Digitalisierung klar abgehängt. Es gebe keine substantiellen Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Gravierende Wettbewerbsnachteile entstünden daraus. In der Politik vermisse er das vorausschauende Element. Müsse sie doch die Weichen stellen, Rahmenbedingungen schaffen, um Kräfte bündeln zu können.

Valentina Kerst bot ihm dafür den Austausch mit Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über ihre Position aus. Auch ihr ist an einem engen Austausch gelegen, wofür sie in Thüringen auf Vorbild-Suche ist. In Ilmenau nimmt sie nun drei neue Partner mit.

V. i. S. d. P. Doreen Huth, Büro Landrätin

Valentina Kerst, Kay Tischer, Eleonore Mühlbauer, Sebastian Ritter (Ifesca)

Kay Tischer, Eleonore Mühlbauer, Valentina Kerst, Ernst Rittinghaus, Udo Götze (BINZ)